Konflikte sind normal: Warum gute Verwaltung auch Reibung braucht
Konflikte gehören zum Verwaltungsalltag – und bieten Chancen. Warum Konflikte entstehen, wie man sie erkennt und was gute Teams daraus machen.
In Verwaltungen arbeiten Menschen mit unterschiedlichen Aufgaben, Interessen, Erfahrungen und Werten zusammen. Wo Vielfalt auf strukturelle Anforderungen und begrenzte Ressourcen trifft, entstehen Spannungen ganz automatisch. Das ist kein Hinweis auf mangelnde Professionalität – im Gegenteil: Konflikte gehören zu jeder Organisation, die sich weiterentwickelt.
Gerade in einer Arbeitswelt, die von Veränderungsdruck und zunehmender Komplexität geprägt ist, wird die bewusste Auseinandersetzung mit Konflikten zu einer zentralen Kompetenz. Entscheidend ist deshalb nicht, Konflikte zu vermeiden, sondern zu verstehen, was hinter ihnen steckt – und wie man damit konstruktiv umgeht.
Wann wird aus einer Spannung ein echter Konflikt?
© @jacoblund | CanvaZwischen einer lebhaften Diskussion und einem ausgewachsenen Konflikt liegen mehrere Stufen. Ein Konflikt entsteht nicht einfach dadurch, dass zwei Menschen unterschiedliche Meinungen haben. Erst wenn drei Faktoren zusammentreffen, wird es kritisch:
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Abhängigkeit: Die Beteiligten stehen in einem Arbeitszusammenhang, der Zusammenarbeit notwendig macht.
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Widersprüchliche Erwartungen: Mindestens ein Anliegen, ein Ziel oder ein Bedürfnis ist mit dem des Gegenübers nicht vereinbar.
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Emotionale Betroffenheit: Die Situation löst Irritation, Frustration oder Druck aus – meist verbunden mit dem Gefühl, nicht gesehen oder nicht verstanden zu werden.
Die Schwierigkeit: Konflikte bewegen sich häufig nicht nur auf der fachlichen Ebene, sondern berühren persönliche Bedürfnisse, Rollenbilder und Werte. Wenn diese Ebene nicht angesprochen wird, verschiebt sich der Fokus schnell weg vom Thema und hin zur Beziehung.
Typische Vorboten bevor ein Konflikt sichtbar wird
Bevor ein Konflikt klar erkennbar ist, zeigt er sich oft in kleinen Veränderungen im Miteinander. Dazu gehören unter anderem:
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spürbare, aber unausgesprochene Spannungen
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Gespräche, die sich im Kreis drehen, ohne dass wirklich auf Argumente eingegangen wird
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nachlassende Beteiligung in Besprechungen
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Schweigen und Rückzug, besonders bei normalerweise aktiven Personen
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subtile Irritationen („Irgendwas stimmt hier nicht“)
Diese Hinweise sind äußerst wertvoll – denn je früher Führungskräfte und Teams reagieren, desto leichter lassen sich Missverständnisse klären und Eskalationen vermeiden.
Warum Konflikte in Verwaltungen besonders häufig auftreten
© @jacoblund | CanvaVerwaltungen sind hochgradig regelgebunden, hierarchisch geprägt und arbeiten unter ständiger öffentlicher Beobachtung. Gleichzeitig müssen sie Veränderungen bewältigen – Digitalisierung, neue politische Vorgaben, Fachkräftemangel, neue Rollenprofile.
In diesem Umfeld treffen mehrere Faktoren zusammen, die Konflikte begünstigen:
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Rollen- und Verantwortungswechsel in Veränderungsprozessen
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unterschiedliche Arbeitslogiken zwischen Fachbereichen
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Zeitdruck, der Kommunikation erschwert
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komplexe Abhängigkeiten zwischen Teams
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Empfinden von Ungerechtigkeit, etwa bei Ressourcen oder Anerkennung
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Missverständnisse über Erwartungen von Führung oder Kund:innen
Konflikte sind damit kein Ausnahmefall, sondern ein natürlicher Bestandteil der Organisationsrealität – und ein Hinweis darauf, wo Prozesse, Rollen oder Kommunikation nicht mehr zur heutigen Arbeitsweise passen.
Warum offene Konfliktarbeit ein Zeichen guter Führung ist
© @jacoblund | CanvaKonflikte verschwinden nicht, indem man sie ignoriert. Unausgesprochene Spannungen führen langfristig zu Leistungsabfall, Misstrauen und Fehleranfälligkeit. Teams, die Konflikte offen und wertschätzend bearbeiten, gewinnen hingegen:
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Entlastung – gebundene Energie wird frei
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klarere Rollen und Erwartungen
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bessere Zusammenarbeit durch Verständnis für andere Perspektiven
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höhere Zufriedenheit und Motivation
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eine stabilere und vertrauensvolle Teamkultur
Führungskräfte, die Konflikte früh ansprechen und professionell moderieren, setzen ein wichtiges Zeichen: Zusammenarbeit ist gestaltbar – und Unterschiede dürfen sichtbar werden.
Was eine Verwaltung braucht, um Konflikte gut zu meistern
Eine konstruktive Konfliktkultur entsteht nicht zufällig. Sie braucht:
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Transparenz: Beobachtungen, Erwartungen und Bedenken aussprechen dürfen.
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Struktur: Räume für Austausch, regelmäßige Gespräche, klare Entscheidungswege.
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Kommunikative Kompetenz: Zuhören, Ich-Botschaften, konstruktives Feedback.
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Mut: Spannungen früh anzusprechen – auch wenn es unangenehm ist.
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Haltung: Wertschätzung, Respekt und der Wille, Verantwortung zu übernehmen.
So entsteht ein Arbeitsumfeld, in dem Konflikte nicht als Störung gelten, sondern als wertvolle Information über Bedürfnisse, Prozesse und Teamdynamiken.
Fazit: Konflikte zeigen, wo die Organisation lernen kann
Konflikte sind kein Symptom für Versagen – sie zeigen, wo Erwartungen kollidieren, Kommunikation fehlt oder Strukturen angepasst werden müssen. Gute Führung nutzt diese Hinweise, um Zusammenarbeit zu verbessern und eine Kultur zu stärken, die offen, stabil und lernfähig ist.
Eine Verwaltung, die Konflikte als Ressource versteht, gewinnt Klarheit, Vertrauen und Wirksamkeit.
Weiterbildung bei LUCCA: Konflikte souverän führenWer Konflikte erkennt, versteht und aktiv gestaltet, stärkt die gesamte Organisation.
Empfohlene Weiterbildung:
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Ein eintägiges Format, das die wesentlichen Grundlagen für professionelles Konfliktverhalten und Führungsarbeit im Spannungsfeld Verwaltung vermittelt.
Organisation und Projektmanagement Forschung und Transfer