Briefwahl und e-Voting: Erfahrungen mit den letzten Wahlen in Europa

Nachricht vom 08.05.2025
Vier Männer sitzen an einem Konferenztisch mit Mikrofonen und Wasserflaschen. Im Hintergrund ist ein Roll-Up der Konrad-Adenauer-Stiftung sichtbar. Namensschilder deuten auf eine Konferenz zum Thema Wahlsysteme hin.© NKE / Dénes Szilágyi
Experten diskutieren über die Zukunft der Wahlverfahren in Europa, darunter Prof. Dr. Robert Müller-Török (2. v. l.)

Am 25. April 2025 fand an der Fakultät für öffentliche Verwaltung und Internationale Studien der Ludovika Universität für den öffentlichen Dienst in Budapest ein Workshop zu Distanzwahlverfahren statt.
 
Nach der Eröffnung durch Prodekan Dr. Balázs Bartóki-Gönczy und Prorektor für Entwicklung, Prof. Dr. Gábor Kemény, begrüßte Dr. András Téglási, der gemeinsam mit Prof. Dr. Robert Müller-Török die Veranstaltung organisiert hatte, die Teilnehmenden.

Zunächst stellte Prof. Dr. Müller-Török die Erfahrungen aus dem e-Voting-Piloten der Sozialwahlen 2023 vor; insbesondere eine kritische Auseinandersetzung mit dem gewählten, sog. Envelope-Verfahren, welches bereits mehrfach in der Praxis, aber auch vor Wahlgerichten gescheitert ist. Sein Fazit, basierend auf der unabhängigen Evaluation des e-Votings durch KPMG sowie auf einem mit Kollegen verfassten, peer-reviewed Aufsatz: so nicht (mehr). Die alle sechs Jahre stattfindende Sozialwahl, bei der die Organe der Selbstverwaltung der gesetzlichen Sozialversicherungsträger gewählt werden, eignet sich als reine Briefwahl tendenziell für e-Voting.

Dr. Attila Nagy, der Leiter der nationalen Wahlbehörde Ungarns, stellte das System der Briefwahl in Ungarn vor, welches sich wesentlich von anderen unterscheidet, auf Papier basiert und auf die Auslandsungarn beschränkt ist - also kein "convenience voting"-Kanal wie z. B. in Deutschland. Auch ist es dort möglich, auf Auslandsvertretungen Ersatz für auf dem Postweg verlorene Briefwahlunterlagen zu erhalten, da die Auslandsungarn einen eigenen Wahlkreis haben  bzw. nur in das Ermittlungsverfahren für die nicht direkt vergebenen Mandate einfließen.

Dr. Péter Máté Erdősi, von der Forschungsgruppe zu Wahlen und Partizipation an der Ludovika Universität, referierte über digitale Signaturen, die in einigen Unionsmitgliedsstaaten noch nicht verbreitet sind, so auch in Deutschland. Sie stellen, wie er ausführte und wie man insbesondere bei den Sozialwahlen sah, eine unverzichtbare Basisinfrastruktur für jegliches e-Voting dar.

An der den Fachvorträgen folgenden Paneldiskussion nahmen Prof. Dr. Ondrej Mittal von der Pavol Jozef Šafárik Universität in Košice, eine Partneruniversität der HVF, Mag. Gregor Wenda, Leiter der Wahlabteilung im österreichischen Innenministerium und ex officio stv. Leiter der Bundeswahlbehörde, sowie Márton Kiss, stv. Leiter der nationalen Wahlbehörde Ungarns, teil. Im Fazit waren sich alle Experten einig, dass die Einführung von e-Voting sich wohl noch weiter verzögern wird und die Briefwahl bei allen Schwächen des Distanzwahlkanals bleiben wird. Allerdings bestand auch Einigkeit, dass die Briefwahl laufend evaluiert und verbessert werden muss.

Eine Publikation der Vorträge in Form schriftlicher Ausarbeitungen im Verlag der Ludovika Universität ist für den Sommer 2025 geplant. Ebenso eine Folgeveranstaltung im November 2025.