Vor oder nach der Ernennung – wann ist Rechtsschutz möglich?
Im Beamtenrecht entscheidet nicht nur die Auswahlentscheidung selbst – sondern vor allem ihr Timing. Wer rechtlich gegen eine Ernennung vorgehen möchte, muss schnell handeln. Wir erklären, was zählt.
Im öffentlichen Dienst entscheidet nicht nur das „Ob“ einer Auswahlentscheidung – sondern auch das „Wann“. Wer glaubt, nach einer rechtswidrigen Auswahl noch Zeit zu haben, um sich dagegen zu wehren, irrt oft. Denn mit der Ernennung einer Mitbewerberin oder eines Mitbewerbers wird aus rechtlicher Sicht eine Grenze überschritten, die kaum noch rückgängig zu machen ist.
In diesem Beitrag erklären wir, warum Rechtsschutz im beamtenrechtlichen Auswahlverfahren nur vor der Ernennung eines Konkurrenten wirklich wirksam ist – und welche Rolle das Verwaltungsgericht in diesem sensiblen Zeitraum spielt.
Die Unumkehrbarkeit der Ernennung

Die Rechtsprechung ist eindeutig: Ist eine Ernennung wirksam erfolgt, kann sie grundsätzlich nicht mehr aufgehoben werden. Selbst wenn die Auswahlentscheidung fehlerhaft war, bleibt der Status des bereits ernannten Beamten.
Diese Rechtslage ergibt sich aus dem sogenannten Grundsatz der Ämterstabilität, der im öffentlichen Dienst das Vertrauen in die Wirksamkeit hoheitlicher Entscheidungen schützt. Eine Ernennung, einmal vollzogen, entfaltet Rechtswirkungen, die nicht rückabgewickelt werden können – mit Ausnahme weniger Spezialfälle, z. B. bei arglistiger Täuschung.
Für unterlegene Bewerber*innen bedeutet das: Wird eine Ernennung nicht rechtzeitig gestoppt, ist die gerichtliche Überprüfung faktisch ausgeschlossen.
Der Schlüssel liegt im einstweiligen Rechtsschutz

Um diesem Risiko zu begegnen, hat sich in der beamtenrechtlichen Praxis der einstweilige Rechtsschutz nach § 123 VwGO etabliert.
Er ist die einzige Möglichkeit, um eine bevorstehende Ernennung vorläufig zu verhindern, bis die Entscheidung im Hauptsacheverfahren geprüft werden kann.
Voraussetzungen für eine einstweilige Anordnung sind:
Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes: Die Dringlichkeit ergibt sich aus dem drohenden Verlust der Klagechance durch Ernennung.
Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs: Es müssen ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung bestehen, z. B. bei fehlerhafter Beurteilungsgrundlage oder fehlendem Leistungsvergleich.
Die Frist beginnt mit der Auswahlmitteilung – nicht mit der Ernennung

Ein häufiger Irrtum ist die Annahme, man könne bis zur Ernennung warten. Tatsächlich beginnt der Zeitraum für effektiven Rechtsschutz bereits mit der Auswahlmitteilung – also dem Moment, in dem ein unterlegener Bewerber erfährt, dass eine andere Person ausgewählt wurde.
Ab diesem Zeitpunkt ist schnelles Handeln gefragt:
In der Praxis gilt eine Frist von 14 Tagen zur Einreichung des Eilantrags als Obergrenze, die von den Verwaltungsgerichten regelmäßig vorausgesetzt wird. Wer zu lange wartet, riskiert, dass der Antrag mangels Dringlichkeit abgelehnt wird.
Für Personalverantwortliche: Was bedeutet das?
Auch auf Seiten des Dienstherrn ist Aufmerksamkeit gefragt. Sobald die Auswahlentscheidung getroffen und bekannt gegeben wurde, besteht das Risiko einer einstweiligen Anordnung – bis zur wirksamen Ernennung.
Ein guter und fairer Umgang mit unterlegenen Bewerber:innen, die klare Dokumentation der Auswahlgründe und eine realistische Einschätzung des Konfliktpotenzials helfen, solche Verfahren zu vermeiden – oder sie sicher zu bestehen.
Wichtig: Eine voreilige Ernennung kann nicht durch schnelles Handeln „unumkehrbar“ gemacht werden, wenn der Rechtsschutz vorher möglich gewesen wäre. Das Verwaltungsgericht kann die Ernennung untersagen, wenn der Antrag rechtzeitig gestellt wurde.
Fazit: Rechtsschutz ist ein Wettlauf mit der Zeit
Wer sich gegen eine Auswahlentscheidung wehren will, muss rechtzeitig reagieren – nicht erst nach der Ernennung, sondern davor.
Die beamtenrechtliche Konkurrentenklage entfaltet ihre Wirkung nur, wenn sie mit einstweiligem Rechtsschutz kombiniert wird.
Für Bewerber*innen bedeutet das:
Nicht zögern – sondern rechtzeitig handeln.
Für Personalstellen bedeutet das:
Auswahlverfahren sauber dokumentieren und Kommunikationsprozesse klar strukturieren.
Weiterbildung: Konkurrenzsituation im Beamtenrecht
In unserer Weiterbildung „Konkurrenzsituation im Beamtenrecht“ lernst du:
- wann und wie die Bestenauslese verpflichtend ist,
- wie du Auswahlverfahren rechtssicher dokumentieren,
- wie du auf Augenhöhe kommunizierst – auch mit unterlegenen Bewerber:innen,
- und was passiert, wenn die Auswahl angefochten wird.