Fachprojekt „Chatbots“ abgeschlossen

Projektverantwortlich an der HVF: | Christopher Flik, BM Zell unter Aichelberg |
Projektlaufzeit: | November 2024 bis April 2025 |
Finanzierung: | n.n. |
Was sind Chatbots?
In Zeiten der fortschreitenden Digitalisierung gewinnen Chatbots zunehmend an Bedeutung. Sie sind eine Software, die auf Algorithmen basiert und mit Nutzern in natürlicher Sprache kommuniziert. Dabei greifen sie auf Datenbanken zurück, um automatisierte Antworten zu geben und lernen durch häufige Nutzung dazu. Ursprünglich vor allem im Kundenservice und im E-Commerce eingesetzt, finden Chatbots mittlerweile auch im öffentlichen Sektor vermehrt Anwendung.
Der Einsatz von Chatbots in der Verwaltung verfolgt das Ziel, Bürgerinnen und Bürgern schnellen und unkomplizierten Zugang zu Informationen und Dienstleistungen zu ermöglichen. Dabei können Chatbots eine Vielzahl von Aufgaben übernehmen: von der Terminvereinbarung über die Bearbeitung einfacher Anfragen bis hin zur Unterstützung bei der Antragstellung.
Trotz der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten und Vorteile stehen der Nutzung von Chatbots auch Herausforderungen gegenüber. Datenschutzbedenken, mangelnde Akzeptanz und die Frage nach der Qualität der automatisierten Antworten stellen potenzielle Hürden dar.
Das Projektteam
Wie können Chatbots die öffentliche Verwaltung unterstützen? Dieser Frage gingen wir, ein Team von Studierenden der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, unter Leitung unseres Lehrbeauftragten Christopher Flik, in unserem Fachprojekt nach.
Aufbau der Fragenkataloge
Um die Akzeptanz und Nutzung von Chatbots in der öffentlichen Verwaltung zu untersuchen, wurden strukturierte Fragenkataloge erstellt. Diese deckten verschiedene Themenbereiche ab, darunter demografische Daten, bisherige Erfahrungen mit Chatbots sowie Erwartungen und Bedenken der Teilnehmenden.
Ein Schwerpunkt lag auf der Einschätzung möglicher Einsatzbereiche für Chatbots in der Verwaltung, wie Terminvereinbarungen oder Antragsstellungen. Zudem wurden Anreize (z. B. bessere Erreichbarkeit) und Bedenken (z. B. Datenschutz) abgefragt. Die Umfrage wurde gezielt an Kommunen und über Social Media verbreitet, um eine breite Meinungsvielfalt zu erfassen.
Durch diesen systematischen Ansatz ermöglichen die Fragenkataloge eine differenzierte Auswertung der Potenziale und Herausforderungen von Chatbots in der Verwaltung. Die Umfragen wurden dann im Zeitraum Dezember 2024 bis Februar 2025 versandt und die Daten erhoben.
Bürgerumfrage
Im Rahmen der Bürgerumfrage wurden 416 Bürgerinnen und Bürger befragt. Die Umfrage umfasst Personen von unter 18 bis zu über 56 Jahren, wobei die 19- bis 25-jährigen besonders häufig vertreten waren. Grundsätzlich sind jüngere Nutzergruppen offener für Chatbots, während ältere Menschen anfangs skeptischer sind, aber oft positiv überrascht werden. Dies äußert sich vor allem in Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und des Verlusts persönlichen Kontakts.
Die größten Bedenken der Bürgerinnen und Bürger liegen mit 61% bei der Zuverlässigkeit der Auskünfte und mit 52% beim Mangel an individuellen Beratung. In diesem Zusammenhang wünschen sich über die Hälfte der Befragten die Möglichkeit, der Weiterleitung an eine persönliche Ansprechsperson, um, bei Komplikationen mit dem Chatbot, den Bürgerinnen und Bürgern eine geeignete Unterstützung zu bieten.
Die Umfrage zeigt außerdem, dass Chatbots in der öffentlichen Verwaltung grundsätzlich auf Interesse stoßen, ihre Akzeptanz jedoch stark von der Art der Nutzung abhängt. Besonders geschätzt werden sie für Terminvereinbarungen,
für allgemeine Auskünfte, die Abfrage des Bearbeitungsstands, sowie als Unterstützung bei Formularen. Bei komplexeren Anliegen bleibt der persönliche Kontakt unverzichtbar.
68 % der Bürgerinnen und Bürger würden Chatbots in der Verwaltung nutzen, wenn diese verfügbar wären. Der größte Anreiz hierfür liegt in der besseren Erreichbarkeit gefolgt von Zeitersparnis.
Die Umfrage verdeutlicht, dass Chatbots in der öffentlichen Verwaltung grundsätzlich auf großes Interesse stoßen – insbesondere bei jüngeren Generationen, die diese Technologie am ehesten Nutzen würden. Trotz bestehender Bedenken hinsichtlich Zuverlässigkeit, Datenschutz und fehlendem persönlichen Kontakt sehen viele der Befragten Chatbots als ein hilfreiches Ergänzungstool.
Kommunenumfrage
In Baden-Württemberg existieren 1.101 Gemeinden, von denen 5 % an der Umfrage teilnahmen. Ein Großteil der Gemeinden, welche an den Umfragen teilnahmen, verfügt über eine Einwohnerzahl < 10.000.
Die Umfrage zeigt, dass kleinere und größere Kommunen unterschiedlich stark von verschiedenen Verwaltungsaufgaben belastet sind. Als besonders arbeitsintensiv gelten Beschwerden und Nachfragen mit 39 %, sowie komplexe Anträge mit 34 %. Für Entlastung setzen kleinere Kommunen eher auf manuelle Priorisierung, große Gemeinden eher auf digitale Unterstützung.
Der Umgang mit Chatbots variiert je nach Gemeindegröße. Rund 25 % der Befragten haben bereits umfassende, 53 % gelegentliche Erfahrungen mit Chatbots, während 23 % noch keinen Kontakt damit hatten. Vor allem in kleinen Gemeinden mangelt es häufiger an Erfahrung im Umgang mit Chatbots.
In 68 % der Kommunen ist Digitalisierung bisher wenig fortgeschritten; Der Einsatz von Chatbots ist dort nicht geplant. Lediglich knapp 13 % arbeiten an der Einführung, während 19 % – vor allem größere Städte – bereits Chatbots einsetzen.
Chatbots werden primär für einfache Anfragen, Formularhilfen und Weiterleitungen gewünscht. Hauptvorteile sehen Gemeinden in Zeitersparnis, gefolgt von ständiger Verfügbarkeit und finanziellen Einsparungen.
Wichtige Anforderungen an Chatbots sind verständliche Sprache, schnelle Reaktionen sowie Datenschutz und Systemintegration. Hürden sehen die Gemeinden bei Budgetbeschränkungen, Akzeptanzproblemen und Personalmangel. Auch rechtliche Unsicherheiten beim Datenschutz erschweren die Einführung.
Bürgeranfragen und komplexe Verwaltungsprozesse stellen Kommunen vor große Herausforderungen. Die Bereitschaft zur Einführung ist jedoch stark abhängig von der Größe der Kommune. Während Großstädte Digitalisierung aktiv vorantreiben, agieren kleinere Gemeinden zurückhaltender – meist aus Ressourcengründen.
Die Auswertung der Bürger- und Kommunenumfrage zeigt ein differenziertes Bild zur Sinnhaftigkeit von Chatbots in der öffentlichen Verwaltung. Grundsätzlich sind sie sinnvoll – jedoch nicht uneingeschränkt und nicht für jede Kommune oder Anwendung gleichermaßen geeignet.
Zentrale Erkenntnisse im Überblick:
1. Hohe Akzeptanz mit klaren Grenzen:
Besonders jüngere Generationen stehen Chatbots offen und technikaffin gegenüber. Sie schätzen Zeitersparnis und bessere Erreichbarkeit. Dennoch bestehen weiterhin Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit und fehlender individueller Beratung. Chatbots sollten daher als Ergänzung zum persönlichen Kontakt fungieren – nicht als Ersatz.
2. Altersabhängige Erwartungen:
Jüngere adaptieren Chatbots schneller, ältere sind zurückhaltender. Einführungskonzepte müssen zielgruppenspezifisch gestaltet sein – inklusive der Möglichkeit zur Weiterleitung an reale Ansprechpartner.
3. Große Kommunen als Vorreiter:
Große Städte treiben die Digitalisierung voran und setzen häufiger Chatbots ein, da sie über mehr Ressourcen und ein höheres Anfragevolumen verfügen. Kleinere Gemeinden handeln vorsichtiger – meist aufgrund begrenzter Mittel und geringerer Nutzerbasis.
4. Klare Einsatzgebiete – begrenzte Reichweite:
Chatbots eignen sich gut für standardisierte Aufgaben wie die Abfrage des Bearbeitungsstandes, allgemeine Auskünfte oder Formularhilfe. Bei komplexen Anliegen oder Beschwerden stoßen sie jedoch an ihre Grenzen – der persönliche Kontakt bleibt hier wichtig.
5. Voraussetzungen und Herausforderungen:
Für eine erfolgreiche Einführung sind Verständlichkeit, schnelle Reaktion, Datenschutz und Systemintegration entscheidend. Hindernisse wie rechtliche Unsicherheiten, Akzeptanzprobleme und begrenzte Budgets – besonders in kleinen Kommunen – erschweren die Umsetzung.
Kritische Bewertung:
Chatbots allein lösen keine strukturellen Probleme der Verwaltung, können aber zur Effizienzsteigerung und Entlastung beitragen – sofern sie gezielt, datenschutzkonform und nutzerorientiert eingesetzt werden. Gerade im oft genannten Bereich der Terminvergaben kann aus Sicht der Fachprojektgruppe bereits heute auf ein gutes und breites Portfolio anderer digitaler Tools zurückgegriffen werden.
Sie sind somit ein hilfreiches digitales Werkzeug – vor allem für größere Kommunen mit hohem Anfragevolumen. Entscheidend für ihren Erfolg ist, dass sie unterstützend, niederschwellig und serviceorientiert wirken, ohne den Menschen aus dem Mittelpunkt der Verwaltungsarbeit zu verdrängen.
Ludwigsburg, 24. April 2025
Studierende HVF Ludwigsburg:
Boylu, Sergen
Fox, Lisa
Karakuzulu, Selin
Knopke, Timo
Krug, Florian
Kuzma, Vanessa
Löffler, Emma
Mutak, David
Pinto Silva, Leonardo
Remmert, Elias
Waimer, Michaela
Weinzierl, Thea
Leitung: Christopher Flik, Bürgermeister Zell unter Aichelberg und Lehrbeauftragter HVF Ludwigsburg