Doppelt hält nicht besser? Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst
Mehrere Nebentätigkeiten? Das kann bereichernd sein – aber auch problematisch. Dieser Beitrag zeigt, was bei der Häufung von Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst rechtlich zu beachten ist.
Nebentätigkeiten gehören im öffentlichen Dienst längst zum beruflichen Alltag vieler Beschäftigter. Ob als Dozentin an einer VHS, als Gutachter im Fachgebiet oder als Coach für Verwaltungsprozesse – die Motive sind vielfältig: Wissensweitergabe, zusätzliche Einkünfte oder persönliches Wachstum.
Gleichzeitig stellen sich zentrale rechtliche Fragen:
- Welche Tätigkeiten sind überhaupt zulässig?
- Wie viele Nebentätigkeiten dürfen gleichzeitig ausgeübt werden?
- Und wo liegen die Grenzen in Bezug auf Zeit, Inhalt und Entlohnung?
Dieser Beitrag gibt einen fundierten Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen für Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg – mit besonderem Fokus auf deren Häufung und Kombination.
1. Begriffsbestimmung: Was gilt als Nebentätigkeit?

Nach § 2 Abs. 2 der Landesnebentätigkeitsverordnung Baden-Württemberg (LNTVO BW) ist unter einer Nebentätigkeit jede Tätigkeit zu verstehen, die außerhalb der dienstlichen Aufgabenerfüllung und nicht in Ausübung eines Hauptamtes erfolgt.
Dabei spielt es keine Rolle, ob die Tätigkeit entgeltlich oder unentgeltlich ausgeübt wird, ob sie regelmäßig oder gelegentlich erfolgt, oder ob sie im öffentlichen oder privaten Sektor angesiedelt ist. Selbst Tätigkeiten im Ehrenamt können unter bestimmten Bedingungen als Nebentätigkeit eingestuft werden – etwa wenn sie öffentlichkeitswirksam, regelmäßig oder mit einer Aufwandsentschädigung verbunden sind.
2. Rechtlicher Rahmen für mehrere Nebentätigkeiten

Die gleichzeitige Ausübung mehrerer Nebentätigkeiten ist grundsätzlich zulässig. Allerdings gelten sowohl quantitative als auch qualitative Begrenzungen, um eine Beeinträchtigung der Haupttätigkeit auszuschließen.
Zeitliche Begrenzung
Für Beamtinnen und Beamte regelt § 6 Abs. 1 LNTVO BW, dass die Ausübung einer oder mehrerer Nebentätigkeiten insgesamt acht Stunden wöchentlich im Jahresdurchschnitt nicht überschreiten darf.
Für Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst (TV-L bzw. TVöD) ergibt sich eine analoge Grenze: Entgeltliche Nebentätigkeiten dürfen höchstens ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit betragen. Dies entspricht z. B. bei einer 40-Stunden-Woche einem Maximum von acht Stunden.
Hinweis: Bei Teilzeitbeschäftigung reduziert sich die zulässige Höchstgrenze anteilig. Auch rein ehrenamtliche Tätigkeiten können unter bestimmten Umständen angerechnet werden, sofern sie mit erheblichem Zeitaufwand verbunden sind oder dienstliche Interessen berühren.
3. Genehmigungspflicht und Anzeigeverfahren
Nicht jede Nebentätigkeit bedarf einer ausdrücklichen Genehmigung – jedoch sind viele Tätigkeiten anzeigepflichtig, insbesondere dann, wenn sie entgeltlich erfolgen oder potenziell mit dienstlichen Aufgabenbereichen kollidieren könnten.
Genehmigungspflichtig sind u. a.:
- entgeltliche Vortrags-, Lehr- oder Prüfungstätigkeiten
- gutachterliche Tätigkeiten, sofern sie auf dienstlicher Expertise basieren
- Veröffentlichungen oder mediale Beiträge mit dienstlichem Bezug
- Tätigkeiten für Unternehmen oder Organisationen, die mit der eigenen Dienststelle in Verbindung stehen könnten
Für jede einzelne Tätigkeit ist eine separate Anzeige bzw. Genehmigung einzureichen, auch wenn es sich um mehrere kleine Engagements handelt.
4. Risiken bei der Kumulation mehrerer Nebentätigkeiten

Die gleichzeitige Ausübung mehrerer Nebentätigkeiten kann im Einzelfall zur Überschreitung gesetzlicher Vorgaben führen – nicht nur in zeitlicher Hinsicht, sondern auch hinsichtlich der dienstrechtlichen Unbedenklichkeit.
Typische Risiken umfassen:
- Überschreitung der zeitlichen Obergrenze (8-Stunden-Regel oder 1/5-Regel)
- Beeinträchtigung der dienstlichen Pflichterfüllung
- Verwendung dienstlicher Ressourcen oder Kenntnisse ohne Genehmigung
- Interessenkonflikte, etwa wenn Auftraggeber in Beziehung zur eigenen Dienststelle stehen
Einzelne Tätigkeiten erscheinen auf den ersten Blick harmlos. In der Summe können sie jedoch zu einer erheblichen Gesamtbelastung führen, die die Leistungsfähigkeit im Hauptamt beeinträchtigt – und somit disziplinarische Folgen nach sich ziehen kann.
Fallbeispiel: Ein komplexes Gesamtbild

Lara, Sachbearbeiterin in einer baden-württembergischen Kommunalverwaltung, ist engagiert und vielseitig interessiert.
Neben ihrer Haupttätigkeit:
- gibt sie wöchentlich Nachhilfe über eine Online-Plattform
- unterrichtet zweimal monatlich an der Volkshochschule
- schreibt Fachbeiträge für ein Verwaltungsjournal
Alle Tätigkeiten liegen außerhalb ihres Pflichtenkreises – und erscheinen für sich genommen unkritisch.
In der Summe jedoch überschreiten sie die zulässige Zeitgrenze. Laramüsste daher:
- alle Tätigkeiten anzeigen
- die VHS-Tätigkeit und das Honorar für Artikel genehmigen lassen
- ggf. auf eine Tätigkeit verzichten, um die Obergrenze einzuhalten
Fazit: Transparenz und Struktur sind der Schlüssel
Mehrere Nebentätigkeiten können bereichernd sein – für die persönliche Entwicklung ebenso wie für die öffentliche Verwaltung insgesamt. Doch die gesetzlich verankerten Grenzen und Verfahren dienen nicht der Gängelung, sondern dem Schutz der Dienstverpflichtung, der Integrität und des Vertrauens in die öffentliche Institution.
Wer Nebentätigkeiten transparent anmeldet, auf zeitliche Begrenzungen achtet und sich frühzeitig über rechtliche Rahmenbedingungen informiert, schafft die Grundlage für ein rechtssicheres und erfüllendes berufliches Zusatzengagement.