Was darf ich verdienen? Zeit- und Einkommensgrenzen bei Nebentätigkeiten

Recht & Verwaltung| Nachricht vom 12.05.2025

Darf ich unbegrenzt nebenher arbeiten – und wenn ja, wie viel verdienen? Wir zeigen, was im öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg erlaubt ist und wo die rechtlichen Grenzen liegen.

 

 

 

Im öffentlichen Dienst ist das Spannungsfeld zwischen dienstlicher Verpflichtung und individueller Entfaltung besonders ausgeprägt. Viele Beschäftigte – seien es Beamt:innen, Tarifangestellte oder Lehrbeauftragte – engagieren sich neben ihrer Haupttätigkeit in weiteren beruflichen oder gesellschaftlichen Kontexten.

 

Ob ein Vortrag, ein Lehrauftrag, eine beratende Tätigkeit oder die Mitwirkung an einem Fachbuch: All diese Formen von Nebentätigkeit können bereichernd sein – sowohl für die persönliche Entwicklung als auch für das Gemeinwesen. Doch sie werfen zugleich eine Reihe rechtlicher Fragen auf – insbesondere hinsichtlich der zulässigen zeitlichen Inanspruchnahme und der Höhe der Vergütung. Dieser Beitrag gibt einen strukturierten Überblick über die geltenden Grenzen und Rahmenbedingungen für Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst Baden-Württembergs.

1. Gibt es im öffentlichen Dienst eine Einkommensgrenze?

Zunächst gilt es mit einem verbreiteten Missverständnis aufzuräumen:

Eine pauschale monetäre Obergrenze für Einnahmen aus Nebentätigkeiten existiert nicht. Stattdessen regeln die einschlägigen Vorschriften – etwa die Landesnebentätigkeitsverordnung Baden-Württemberg (LNTVO BW) sowie der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) – zeitliche und qualitative Grenzen, die sich indirekt auf die mögliche Vergütung auswirken.

 

Das bedeutet: Es darf verdient werden – aber nur im Rahmen dessen, was mit dem Hauptamt vereinbar ist.

2. Zeitliche Begrenzungen: Struktur durch Verhältnismäßigkeit

Die zeitliche Inanspruchnahme durch Nebentätigkeiten wird als zentrales Kriterium für ihre Zulässigkeit bewertet. Dabei gelten je nach Beschäftigtenstatus unterschiedliche Regelungen:

 

Für Beamt:innen:

Gemäß § 6 Abs. 1 LNTVO BW darf die Gesamtheit der genehmigungspflichtigen Nebentätigkeiten einen Umfang von durchschnittlich acht Stunden pro Woche – bezogen auf einen Zeitraum von zwölf Monaten – nicht überschreiten.

 

Für Tarifbeschäftigte:

Im Rahmen des TV-L ergibt sich eine vergleichbare Regelung:

Nach § 3 TV-L i. V. m. Anlage zu § 3 ist die maximale zeitliche Belastung durch entgeltliche Nebentätigkeiten auf ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit begrenzt. Dies entspricht z. B. bei einer 40-Stunden-Woche einer Obergrenze von acht Stunden.

 

Konsequenz:

Auch mehrere kleinere Tätigkeiten sind in ihrer Gesamtheit zu berücksichtigen. Eine isolierte Betrachtung einzelner Aufträge greift zu kurz.

3. Inhaltliche Grenzen: Vergütung im Spannungsfeld zwischen Markt und Maß

Auch wenn die Höhe der Vergütung grundsätzlich nicht gedeckelt ist, müssen Einnahmen aus Nebentätigkeiten in einem angemessenen Verhältnis zum zeitlichen Aufwand, zur fachlichen Qualifikation und zur Marktüblichkeit stehen.

Besondere Aufmerksamkeit ist geboten, wenn…

  • die Tätigkeit auf dienstlichem Wissen oder Kontakten basiert
  • die Vergütung im Vergleich zum Zeitaufwand auffällig hoch erscheint
  • es sich um eine Tätigkeit mit dienstlichem Bezug handelt, z. B. ein Vortrag auf einer Veranstaltung, bei der die Arbeitgeberinstitution genannt wird

 

In solchen Fällen kann eine Abführungspflicht gemäß § 10 LNTVO BW greifen. Das bedeutet: Ein Teil des Entgelts muss an den Dienstherrn abgeführt werden – vor allem dann, wenn die Tätigkeit auf Veranlassung des Dienstherrn oder im dienstlichen Interesse ausgeübt wird.

4. Spezifika für Hochschulbeschäftigte

Für Professor:innen und wissenschaftliche Mitarbeitende gelten die Bestimmungen der Hochschulnebentätigkeitsverordnung BW (HSchulNTVO BW).

Hier gelten zum Teil erleichterte Anzeige- und Genehmigungspflichten, etwa für:

  • die Mitwirkung an bis zu 25 Lehrveranstaltungsstunden pro Jahr an anderen Hochschulen
  • die Gutachtertätigkeit für wissenschaftliche Förderinstitutionen
  • die Veröffentlichung von Ergebnissen eigener Forschung, sofern kein dienstlicher Bezug im engeren Sinne besteht

Auch hier gilt: Die Kombination aus Tätigkeitsart, Zeitaufwand und Entlohnung ist entscheidend für die rechtliche Bewertung.

Fallbeispiel: Weiterbildung als Nebentätigkeit

Markus ist Verwaltungsmitarbeiter an einer pädagogischen Hochschule. Neben seiner Haupttätigkeit:

  • hält er regelmäßig Vorträge auf Fachkongressen (Honorar: 500 € je Vortrag)
  • betreibt einen kleinen Etsy-Shop mit pädagogischen Materialien
  • ist gelegentlich als Moderator für Online-Fortbildungen tätig

 

Jede Tätigkeit für sich wirkt unproblematisch. Doch bei näherer Betrachtung ergibt sich ein wöchentlicher Durchschnitt von rund neun Stunden, und ein erheblicher Teil der Tätigkeit basiert auf dienstlich erworbenem Wissen.

 

Markus ist verpflichtet:

  • alle Tätigkeiten anzuzeigen,
  • eine Genehmigung einzuholen,
  • und bei einzelnen Vorträgen ggf. Teile des Honorars abzuführen.

Fazit: Eigenverantwortung und Verhältnismäßigkeit

Die Frage, was im Rahmen einer Nebentätigkeit verdient werden darf, lässt sich nicht mit einer fixen Zahl beantworten. Vielmehr kommt es auf das Zusammenspiel von Zeit, Inhalt, Kontext und Entgelt an.

 

Wer eine Nebentätigkeit aufnehmen möchte, sollte sich vorab folgende Fragen stellen:

  • Entspricht die Tätigkeit meiner dienstlichen Rolle – oder steht sie ihr gegenüber?
  • Überschreite ich die zulässige zeitliche Belastung?
  • Ist die Vergütung im Verhältnis zur Leistung und zum Markt angemessen?
  • Gibt es einen Zusammenhang zur Dienststelle oder einen Auftrag auf Veranlassung?

 

Die frühzeitige Klärung dieser Fragen schützt nicht nur vor Fehlern – sie schafft auch Raum für persönliche Entwicklung innerhalb eines rechtssicheren Rahmens.

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